EINFÜHRUNG IN DIE METHODIK DER SANIERUNGSFÄHIGKEITSPRÜFUNG

I. THEORETISCHE GRUNDLAGEN DER UNTERNEHMENSSANIERUNG

1. Begriffsbestimmung

Allgemein ist Sanierung der Sammelbegriff für alle Maßnahmen unternehmenspolitischer, führungstechnischer, organisatorischer, finanz- und leistungswirtschaftlicher Art, die der Existenzerhaltung des Unternehmens dienen.

Grundsätzlich können zwei Sanierungsbegriffe unterschieden werden:

Sanierung im engeren Sinn:
Die Sanierung wird als ausschließlich finanztechnische Maßnahmenergreifung zur Gesundung des notleidenden Unternehmens verstanden.

Sanierung im weiteren Sinn:
Die Sanierung beinhaltet neben der finanzwirtschaftlichen auch leistungswirtschaftliche Maßnahmen, die gleichermaßen das Ziel der Gesundung des notleidenden Unternehmens verfolgen.

Zur Bestimmung der Sanierungsart (enger / weiter) ist die Sanierungsprüfung durchzuführen. Aus dieser ergibt sich zum einen die Antwort auf die Frage, in wie weit Sanierungsnotwendigkeit in den leistungswirtschaftlichen Bereichen besteht. Wird diese Frage negativ oder neutral beantwortet, so handelt es sich ex definitione um eine Sanierung im engeren Sinn, also eine rein finanzwirtschaftliche Sanierung.
Darüber hinaus wird gleichfalls die Frage nach der Überlebensfähigkeit des in die Krisensituation geratenen Unternehmens beantwortet. Diese Prüfung muß zu dem eindeutigen Ergebnis kommen, ob das Unternehmen überlebensfähig ist und somit eine Sanierung bei Abwägung der hierfür benötigten Hilfen durchführbar ist oder das Unternehmen stillgelegt oder zwangsweise liquidiert werden muß.

2. Theoretischer Ansatz

Dabei gilt für alle Entscheidungen über die Sanierungsfähigkeit folgender theoretischer Ansatz:

Der Fortführungswert als Barwert (F) des Unternehmens hängt von den Auswirkungen der (Gruppe von) Sanierungsmaßnahmen si, i=1,..., I, ab, d. h. F = F(si), ab.

Die grundsätzliche Alternative dazu ist die Liquidation (Auflösung) des Unternehmens; L bezeichnet den Liquidationswert.
Beide Größen, F und L, sind als Bruttowerte auf das Gesamtkapital bezogen.

Sanierungsfähigkeit ist dann gegeben, wenn es mindestens ein i gibt, so daß gilt F (si) > L.

Unter diesen Sanierungsmaßnahmen ist die Maßnahme (das Bündel von Maßnahmen) zu wählen, die den höchsten Fortführungswert ergibt.

Bezeichne s* die in diesem Sinne optimalen Sanierungsmaßnahmen und sei F(s*) ≡ F.

Die Differenz F - L ist der Gesamterfolg der Sanierung. Kosten der Vorbereitung der Sanierung sind entsprechend zu berücksichtigen.

Der Fortführungswert ergibt sich aufgrund einer Unternehmensbewertung. Praktische Schwierigkeiten bei der Bewertung bereitet jedoch die Berücksichtigung der hohen Unsicherheit (Planung und Unsicherheit), ob und wie die Sanierungsmaßnahmen greifen.
Jeder Sanierungsbeteiligte muß i.d.R. die Sanierungsmaßnahmen akzeptieren.

Jeder Sanierungsbeteiligte stellt die Konsequenzen der Fortführung denen der Liquidation gegenüber, wobei die jeweilige individuelle Situation und die Alternativen maßgebend sind.
Indexiert j=1,...,J die Sanierungsbeteiligten, so kommt es zur Fortführung, wenn Fj ≥ Lj für alle j.

Müßte ein Sanierungsbeteiligter Kapital Kj zum Gelingen der Sanierung beitragen, so ist Fj um Kj zu vermindern.
Beide Größen, Fj und Lj beinhalten häufig nicht monetäre Ziele des Sanierungsbeteiligten, z. B. gesellschaftliches Ansehen oder Macht.

Die Summe der Fj - Lj entspricht deswegen und wegen der individuellen Alternativen i. d. R. nicht dem unternehmensbezogenen Sanierungserfolg F - L.

Es kann vorkommen, daß ein Sanierungsbeteiligter trotz der Gültigkeit von F > L, also der grundsätzlichen Wünschbarkeit der Sanierung, dieser nicht
zustimmen möchte, weil Fj < Lj.

Dies ist i. a. umso eher der Fall, je höher Lj ist und je mehr die Fortführung einer erhöhte Verlustgefahr in sich birgt.

Die Entscheidungssituation der Sanierungsbeteiligten wird durch heterogene Informationen (z. B. die Informationsunsicherheit der Kreditgeber) beeinträchtigt.

Zur Illustration sein angenommen, die Sanierung gelinge mit Wahrscheinlichkeit p, und F = PF+ + (1-p) F- .
F+ bezeichnet den Ertragswert des erfolgreich sanierten Unternehmens und F- den Wert im Falle einer mißlungenen Sanierung.; es gelte F- ≤ L.

Angenommen, die Verschuldung V des Unternehmens sei F+ > V > L.
Im Falle einer Liquidation erhalten die bisherigen Eigentümer / Kreditgeber nichts, bei einem Sanierungsversuch erwarten sie jedoch Fj = p(F+ - V) > 0 = Lj für alle p > 0.

Deshalb haben sie ein Interesse an der Sanierung, gleichgültig, ob F > L ist oder nicht.

Definitionen:


F Fortführungswert [als Barwert] des Unternehmens
F- Ertragswert des Unternehmens im Falle einer mißlungenen Sanierung
F+ Ertragswert des sanierten Unternehmens
Kj Kapitaleinsatz zur Duchführung der Sanierung
L Liquidationswert
p Wahrscheinlichkeit des Sanierungserfolges
s* Optimale Sanierungsmaßnahmen
si [Gruppe von] Sanierungsmaßnahmen
V Verschuldung des Unternehmens
i 1,...,I
j 1,...,J

d. Im Fall der XXX-Gruppe (siehe Fallbeispiel) ist eine approximative Berechnung nicht möglich, da der Liquidationswert nicht bekannt ist.

e. Zur Beseitigung der "Heterogenen Informationen", also der Informationssicherheit der Kreditgeber, wird die Sanierungsprüfung in diesem Bericht durchgeführt.